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ALKOHOLKRANKE und Ihr Umfeld

Körperliche Merkmale

Neben dem offenen vermehrten Alkoholkonsum führt auch ein geheim gehaltener Konsum (wie er häufig bei Frauen vorliegt) zu dem bekannten Mundgeruch (Fahne). Oft wird versucht, diesen durch Kaugummi oder ähnliche Hilfsmittel zu kaschieren. Immer deutlicher treten die organischen Schäden zu Tage, der Alkoholiker nimmt häufig an Gewicht ab, ist oft appetitlos, klagt über Übelkeit, schwitzt leicht, zittert eventuell und neigt zu Hautveränderungen (z.B. Spider naevi).

Allgemeines Verhalten

Der alkoholkranke Mensch zieht sich immer mehr zurück, vor allem von Abstinenten, oftmals tritt er seiner Umgebung gegenüber aggressiv auf, ist leicht reizbar und zeigt eine reduzierte Frustrationstoleranz. Oft tritt er eher rechthaberisch auf und prahlt mit seiner Trinkfestigkeit. Angesprochen auf sein Problem, reagiert er häufig empfindlich und versucht zu bagatellisieren. Der Abhängige ist bestrebt, ständigen Zugang zu Alkohol zu haben, und hortet oftmals eine gewisse Menge an Trinkvorräten. In weiterer Folge vernachlässigt er immer mehr sein äußeres Erscheinungsbild und selbst nach kurzen Abstinenzphasen zeigen sich Entzugserscheinungen (Zittern und Übelkeit schon am Morgen).

Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass die genannten Veränderungen kein Beweis für vorliegende Alkoholprobleme sein müssen. Erst das gehäufte Auftreten dieser Anzeichen kann ein Hinweis sein. Die Wahrnehmung ist zudem gewissen Verzerrungen unterworfen, vor allem wenn eine gewisse emotionale Betroffenheit vorhanden ist. Die Früherkennung dient nicht dazu, alkoholkranke Menschen zu „entlarven“ oder zu „bestrafen“, sondern soll ihnen adäquate Hilfe zukommen lassen, was in späteren Phasen meist sehr schwer oder sogar unmöglich wird.

Was bedeutet Co-Abhängigkeit?

Angehörige von Alkoholikern befinden sich oft in einer schwierigen Situation. Einerseits sollen sie die Persönlichkeitsveränderungen aushalten, nach außen hin den Schein wahren, die Kinder schützen und dem Alkoholiker gegenüber loyal und treu sein. Anderseits wollen sie den Partner vor der Suchtgefahr schützen.

Die oder der Angehörige hat in dieser Zwickmühle an vielen Fronten zu kämpfen und steht meist allein da. Natürlich will man, dass der Abhängige seine Sucht aufgibt, jedoch entsteht oft ein (unbewusstes) Verhalten, das den Alkoholiker schützt und sein Trinken unterstützt. Ein solches Phänomen wird dann Co-Abhängigkeit genannt. Diese Co-Abhängigkeit verläuft oft in Phasen:

  • Beschützer- und Erklärungsphase

    Sie zeichnet sich durch Nachsicht und Verständnis aus. Veränderungen am Alkoholiker werden ignoriert und geleugnet. Man versucht, den Betroffenen nicht zu belasten, da es ihm ohnehin nicht gut geht.

  • Helferdrang- oder Kontrollphase

    Man entschuldigt und toleriert zwar noch die Alkoholprobleme, spricht diese aber an und hat die Erwartung, dass der Betreffende in Zukunft weniger trinken wird. In dieser Phase wird Verantwortung für den Alkoholiker übernommen. Dieser verlangt Zuwendung und Mitleid von seiner Umgebung, weigert sich aber, trotz vermehrter Versprechungen sein Trinkverhalten zu ändern. Dies führt zu Frustrationen bei den Angehörigen, die häufig mit einem vermehrten Bemühen reagieren.

  • Aussonderungsphase

    Die Bemühungen in der Helferphase haben nicht den gewünschten Erfolg gebracht, deshalb dominieren jetzt Beobachtung, Überwachung und Aggression gegenüber dem Suchtkranken. Aus der Frustration heraus versucht sich der Angehörige abzugrenzen, der Alkoholiker wird in seinen Augen vom „Opfer“ zum „Täter“.

Den Angehörigen muss bewusst sein, dass sie Teil der Alkoholkrankheit sind und so auch zu einem wichtigen Teil der Therapie gehören.

Autorin: Dr. med. Anita Kreilhuber

Medizinisches Review: Dr. Roland Mader, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Anton-Proksch-Institut, Wien

Redaktionelle Bearbeitung: Mag. (FH) Silvia Hecher, MSc

Stand der Information: September 2012

Quellen:

Anton-Proksch-Institut; www.antonprokschinstitut.at (Zugriff im Juli 2012)

Leitlinie zur Sozialmedizinischen Beurteilung bei Abhängigkeitserkrankungen der deutschen Rentenversicherung www.sucht.de/tl_files/pdf/veroeffentlichungen/Leitlinie_Soz-Med_DRV.pdf, Stand: 20.04.2010

S2-Leitlinie „Postakutbehandlung alkoholbezogener Störungen“ der Dt. Ges. f. Suchtforschung und der Dt. Ges. f. Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde, Stand: 18.10.2010
Batra A, Bilke-Hentsch O: Praxisbuch Sucht; Thieme, 2012

 

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